Wednesday, August 26, 2009

German Translation

DIE TOLLSTEN BRÜSTE DES WESTENS



Das International Writing Programm in Iowa machte uns mit Amerika aus einer Fülle völlig unvorhersehbarer Blickwinkeln vertraut. In einer Universitätszeitschrift bewarb eine Anzeige den „Night Dancer Club“: Neben dem üblichen Laufstall der vierzehn Stripteasetänzerinnen bot ein neuer Stern der Selbstentblößung, Candy Apples genannt, unter dem vielverheißenden Titel „Die tollsten Brüste des Westens“ eine Spezialshow. Wenn wir alle es als unsere Bestimmung auffassen, die Pyramiden zu bestaunen oder wenigstens einmal im Leben den Papst höchstpersönlich zu treffen, dann müssen die tollsten Brüste des Westens zwangsläufig dieselbe Bedeutung gewinnen. Nur und ausschließlich nur aus diesem Grund ging ich mit meinen Kollegen hin.

Der Hauptraum des Dancer Clubs war so gestaltet, dass man die Darbietung nicht verfehlen konnte – immerhin der Hauptgrund, um diesen Ort aufzusuchen. In der Mitte befand sich die von einem silbernen Pool gesäumte Bühne, auf der die Stripperinnen tanzten.
Candy Apples, der Star des Abends, war zwar nicht groß, doch dafür war sie herrlich gebaut. Und weil sie eben der Star war, war die Kleidung, derer sie sich zu entledigen hatte, um vieles kostbarer. Obwohl ihre Tanzeinlage nur von kurzer Dauer war, wurde ihre Bühne von zahlreichen Besuchern umlagert. Ganz anders als die anderen Mädchen hatte sie eine ganz spezielle Besonderheit in ihrem Programm aufzuweisen. Anstatt wie diese einfach die Geldscheine zu nehmen und sie in ihren G-string zu stecken, ergriff sie die Dollars mit ihrer Hand, faltete sie und stülpte sie über die Nase der Besucher. Dann presste sie ihre Brüste zusammen und zog die gefalteten Scheinchen von der Nase herunter. Sie machte das zielstrebig, elegant und überaus schnell.

Ich muss gestehen, dieser Versuchung konnte ich nicht widerstehen: Die herrlichsten Brüste des Westens pflücken von meiner Knollennase eine Banknote herunter. Es war das Ereignis meines Lebens – als würde ich von einer Mutter gehudert, stell es dir so vor, etwas Großes, Weiches, aromatisch Duftendes presst sich sanft und dabei heftig auf deine Augen. Wenige Momente später bist du um eine Banknote ärmer, doch um diese Erfahrung reicher.

Nach der Darbietung verkaufte Candy Photos von sich. An den Bildchen war ich nicht interessiert, doch über sie wollte ich mehr wissen. Als Schriftsteller ist man bekanntlich stets auf neue Erkenntnisse aus. Also stellte ich mich ihr vor, Candy wirkte recht freundlich. Dann prüfte sie eingehend meine Visitenkarte und rief plötzlich: „Slowakei! Wir sind fast Landsleute! Ich heiße Halyna und komme aus der Ukraine!“
Ja Freunde, bedauerlich, aber leider wahr, die tollsten Brüste des Westens stammen aus dem Osten.

Aus dem Englischen von Helmuth A. Niederle

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